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BLS F 2 x 2/3 101

Die Fig. 1 zeigt Schnittzeichnungen der Lokomotive F 2 x 2/3 (Fußnote 1), Betriebsnummer 101. Eine Ansicht und Schnitt der Lokomotive zeigt diese Fig. 204 (aus 35. Lokomotive 1—B + B—1 der Allgemeinen Elektricitätsgesellschaft.).

Bestellung als BLS 101 (Lötschberglokomotive)

An der Ausschreibung von Prototyplokomotiven bewarben sich A.E.G., Berlin, und Krauss & Comp., München, um eine Personen- und Güterzuglokomotive für die neu erbaute Schweizer Bern-Lötschberg-Simplon-Bahn (BLS). Im Jahre 1909 stellten Krauss (mechanischer Teil) und der A.E.G. (elektrischer Teil) die 1'B + B1'-Doppellokomotive als BLS-Gattung F 2 x 2/3 101, fertig (Fig. 1). Sie sollte im Personen- und Güterzugdienst folgendes Betriebsprogramm erfüllen: 250 t auf 27 ‰ Steigung mit 40 km/h und 400 t auf 15,5 ‰ Steigung mit 40 km/h während einer Stunde.

Ablieferungszustand

Fig. 3 und Fig. 4 zeigen die w2k-Güterzulokomotive im Anlieferungszustand mit Bügelstromabnehmern und BLS-Beschilderung.

Konstruktive Merkmale

Fahrzeug Laufwerk Kein fester Achsstand, Lauf- und benachbarte Kuppelachse bildeten Krauss-Helmholtz-Gestell.
  Antrieb Je Lokomotivhälfte ein hochliegender Gestellmotor, Parallelkurbelantrieb mit fast senkrechter Treibstange und Blindwelle, Kuppelstangen. Die Kurbeln sind gegeneinander um 90° versetzt. Seitenbeweglichkeit der ersten Kuppelachse durch kugelige Kurbelzapfen und scharnierartige Kuppelstangen.
  Treibraddurchmesser 1270 mm
  Kurbelkreisdurchmesser 540 mm
  Gesamtachsstand 12 450 mm
  Hauptrahmen Beide durch Pufferbohlen, Quertragverbindungen für Haupttransformatoren und Fahrmotoren sowie Kopfstücke versteifte Rahmen verband Kurzkupplung, bestehend aus festem Zugeisen und zwei Notkuppeleisen. Zwei Puffer mit keilförmigen Köpfen, durch Blattfeder auf die Druckflächen gepreßt, sorgten für Vorspannung.
  Länge über Puffer 15 750 mm
  Lokomotivkasten Zwei gleiche, aus Stahlblech gefertigte, Aufbauten mit Maschinenraum, Führer-Stand und niedrigem schmalen Vorbau für Haupttransformatoren; Verbindung aus Faltenbalg. Obergangseinrichtungen an Stirnseiten und Kurzkuppelenden. In den schornsteinartigen Aufbauten zwischen den Frontscheiben befand sich der Ölschalter.
  Bremseinrichtung Druckluftbremse Wzbr. mit je einem Luftverdichter und Hauptluftbehälter für jede Lokomotivhälfte. Zwei Handbremsen.
  Hilfseinrichtungen Je Fahrmotor ein Lüfteraggregat. Signalpfeifen. Sandstreueinrichtungen.
Elektrischer Aufbau Stromsystem ~16 2/3 Hz, 15 kV
  Dachausrüstung Ursprünglich zwei Bügel-, später zwei normale Scherenstromabnehmer mit Bügeltrennmesser. Je Lokhälfte eine Dämpfungsdrossel und ein Hauptschalter oberhalb des Führerstandes. Beide Dachleitungen verband flexibles Kabel.
  Haupttransformator Zwei Öltransformatoren in Mantelbauart mit Selbstkühlung, jeweils im Vorbau vor den Führerständen untergebracht. Kühlung durch Kühlerelemente an Stirnseiten der Lokomotiven, 300-V-Anzapfung für Zugheizung.
  Typenleistung 2x810 kVA
  Steuerung Elektromagnetische Schützensteuerung, doppelt ausgeführt mit sieben Dauerfahrstufen, mehrere Stromteiler für abgestuftes Überschalten. Je Führerstand zwei Fahrschalter für Strecken- und Rangierdienst.
  Fahrmotoren  Zwei Winter-Eichberg-Repulsionsmotoren.
Leistungsmerkmale Höchstgeschwindigkeit 75 km/h
  Stundenleistung (bei Geschwindigkeit) 1175 kW bei 40 km/h
  Dauerleistung 615 kW
  Anfahrzugkraft 132 kN
  Stundenzugkraft 106 kN
  Dauerzugkraft 94,4 kN
  Anhängelast 400 t bei 15 ‰
    250 t bei 27 ‰
  Reibungsmasse 69,4 t
  Dienstmasse 94,4 t
  Gewicht elektrischer Teil 50,0 t
  Gewicht mechanischer Teil 45,6 t
  Spezifische Leistungskennziffer 12,5 kW/t
  Drehzahl bei Höchstgeschwindigkeit 320 U/min

Anlieferung bei der BLS

1909 wurden Probefahrten auf der Oberbau-Versuchsstrecke der KPEV bei Oranienburg durchgeführt (Fig. 5). 1910 wurde die Lok zur BLS überführt und absolvierte zwischen Dezember 1910 und März 1911 Testfahrten auf der Strecke zwischen Spiez und Frutigen, bei denen sie insgesamt 1278 km zurücklegte - allerdings ist nicht bekannt, ob die Lokomotive 101 je aus eigener Kraft durch den Hondrichtunnel bis nach Frutigen gelangte.

Versuchsfahrten der BLS

Fig. 6 zeigt die Lok 101 vor dem BLS-Depotgebäude in Spiez und Fig. 6 zeigt sie zusammengekuppelt mit der Dampflokomotive Ec 4/5 13 ebenfalls im Bahnhof Spiez. Bei diesen Versuchen wurde die Lokomotive mit einer von der Schweizer Lokomotiv- und Maschinenfabrik (SLM) in Winterthur und der Maschinenfabrik Oerlikon (MFO) gelieferten C'C'-Lokomotive Fe 2 x 3/3 (später Ce 6/6), Betriebsnummer 121 verglichen (Fig. 7). Letztere erwies sich als die leistungsfähigere der beiden Maschinen. Trotz der hervorragenden Kurvengängigkeit waren die Mängel der AEG-Lok so erheblich, dass die Lok schon nach vier Monaten für Umbauten nach Berlin zurückgeschickt wurde. Die Lok kehrte anschließend nicht mehr in die Schweiz zurück und die BLS nahm von ihrem Ankauf Abstand.

Statistische Daten

Hersteller mechanischer Teil   Lokomotivfabrik Krauss & Comp., München; Fabriknummer: 4
  elektrischer Teil   Allgemeine Electricitäts-Gesellschaft, Berlin; Fabriknummer: 102
       
Betriebsnummer BLS 1910 - 1911 101 (Gattung F 2 x 2/3)
  K.P.E.V. bis 1911 10209/210
    ab 1912 EG 509/510
       
Indienststellung BLS 1910  
  K.P.E.V. 1911 Bitterfeld
       
Ausmusterung P.St.E.V. 22.01.1923 Bitterfeld

Weiterlesen

Fußnoten
1) In der Literatur wird die BLS-Lok auch mit Fb 2 x 2/3 oder Be 4/6 bezeichnet. Nachweislich war an der Lokomotive die Bezeichnung F 2 x 2/3 angebracht.

Links und Quellen

  • BLS Fb 2x2/3
  • Preußische EG 509/510
  • Elektrische Vollbahnlokomotiven für einphasigen Wechselstrom; Zipp, Hermann; Verlag von Oskar Leiner, Leipzig; 1915
  • Die BLS - Eine moderne Alpenbahn; Moser, Beat; Jossi, Urs; Eisenbahn-Journal Spezial 1/98, Fürstenfeldbruck; 1998
  • Elektrische Lokomotiven deutscher Eisenbahnen; Bäzold; Fiebig; alba Verlag, Düsseldorf; 1984
  • Lokomotiven preußischer Eisenbahnen; Wagner; Bäzold; Zschech; Lüderitz; alba Verlag, Düsseldorf; 1990
  • BLS - Die große Alpenbahn; Belloncle, Patric; Willen, Peter; Eisenbahn-Kurier; 1989
  • Preußen-Report Band No. 10; Rampp, Dr. Brian; Eisenbahn-Journal Archiv 1/97, Fürstenfeldbruck; 1997
  • Elektrische Schienenfahrzeuge in Glasers Analen 1909 - 1929; ; Stieger Verlag; 1990
  • Berechnung und Konstruktion von Dampflokomotiven mit einem Anhang über Elektrische Lokomotiven; Bauer; Stürzer; C. W. Kreidel's Verlag; 1923
  • Züge unter Strom; Preuß, Erich; GeraMond; 1998
  • Die elektrische Lokomotive - Aufbau, Funktion, neue Technik; Bendel, Helmut; transpress; 1994
  • Die elektrischen Lokomotiven der KPEV; Sawodny, Michael; Koppisch, Harald; Podzun-Pallas-Verlag; 1985
  • Lokomotiv-Versuchsamt Grunewald; Winkler, Dirk; GeraMond; 2002
  • Eisenbahn-Kurier, 7/2011
  • Geschichte des deutschen Lokomotivbaus; Tiffe, Gerhard; Georg Siemens Verlagsbuchhandlung, Berlin, 1985