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39. 2—B—1 Lokomotive der Bergmann-Elektricitätswerke.

Diese Lokomotive nimmt insofern eine Sonderstellung gegenüber den bisher beschriebenen ein, als eine vereinigte Regelung durch Schützensteuerung und Bürstenverschiebung Anwendung findet.

Wie des näheren in Abschnitt 13 erläutert, wird durch Aufteilung der Ständerarbeitswicklung des mit doppelter Speisung arbeitenden Motors in zwei Wicklungen mit senkrecht zueinander stehenden Achsen eine gewisse Beweglichkeit der Bürsten erreicht. Der Reguliervorgang läuft nun grundsätzlich so ab, daß zunächst die Bürsten in der Drehrichtung um einen gewissen Winkel aus der Achse der Hauptarbeitswicklung nach der Achse der Erregerwicklung hin verschoben werden (vgl. Fig. 128). Dadurch wird der Drehmomentfluß verstärkt. Wird nun der Motor eingeschaltet, so wird er bei gegebener Klemmenspannung e1 eine bestimmte Drehzahl n1 erreichen. Rückt man jetzt die Bürsten wieder entgegengesetzt zur Drehrichtung in die Ausgangsstellung zurück, so wird der Drehmomentfluß geschwächt und die Drehzahl wächst auf den Betrag n2. Darauf wird der Motorstrom unterbrochen und die Bürsten werden wieder aus der Achse der Hauptarbeitswicklung verschoben; darauf wird die nächsthöhere Stufe des Transformators an den Motor gelegt, wobei die höhere Spannung e2 der Drehzahl des Motors n2 bei dieser verschobenen Bürstenstellung entspricht. Nun wiederholt sich das Spiel.

Soll der Motor in umgekehrter Richtung laufen, so werden die Bürsten stromlos um 180° verschoben.

Durch diese Bürstenverschiebung wird also eine ganz allmähliche Änderung der Geschwindigkeit erzielt, ähnlich wie bei Verwendung eines Drehtransformators, dessen Fortfall eine wesentliche Vereinfachung der ganzen Steuerung, wenigstens in elektrischer Beziehung bedeutet.

Allerdings zeigt ein Blick in den Motorraum in Fig. 224, in welchem die verwickelten Getriebe für die Bürstenverschiebung untergebracht sind, daß auch diese mechanische Regelung eine nicht unbedeutende Gewichtsvermehrung verursacht.

Der Lokomotivmotor besitzt eine Stundenleistung von 1500 PS bei 270 Umdrehungen und eine Dauerleistung von 1150 PS bei 300 Umdrehungen. Der Treibraddurchmesser beträgt 1600 mm, die entsprechenden Geschwindigkeiten also 80 und 90 km in der Stunde. Bei der Stundenleistung verbraucht der Motor bei 270 Volt 5000 Ampere. Der Motor besitzt die übliche Bauart; er hat 24 Pole und auf dem Kollektor schleifen 24 Bürstensätze von je vier Kohlen, deren Dicke 15 mm beträgt. Der Bürstenring ist mit einer Laufbahn aus hartem Stahl versehen und rollt auf Kugellagern.

Der Führer bedient die Bürstenverschiebungsvorrichtung durch ein Handrad. Mit dieser Bürstenverschiebungsvorrichtung ist ein Gestänge zur Betätigung der Stufenschalter verbunden, wie Fig. 225 zeigt. Diese Schalter, drei an der Zahl, sind zu einer Gruppe zusammengebaut. Der untere Teil — Fig. 226 — bildet ein Gehäuse, das drei Druckluftzylinder enthält. An der einen Seite sind die Ventile und die zu deren Betätigung dienende Nockenwelle angebracht. Oberhalb des Druckluftzylinders befinden sich die Schalter, die aus Kupferbürsten und starken Kupferschienen bestehen; darüber befinden sich die Funkenzieher, die in Kammern aus Asbestschiefer untergebracht, mit magnetischer Funkenlöschung versehen sind. Um auch bei leerein Hauptluftbehälter ohne Verzögerung mit dem Schalter arbeiten zu können, ist die Einrichtung so getroffen, daß die Motorluftpumpe zunächst auf den Schalter arbeitet und erst dann, wenn der Brück hier 3 Atm. erreicht hat, die Luft in den Hauptluftbehälter preßt. —

Das Dienstgewicht dieser Lokomotive beträgt 72 t, wobei die elektrische Einrichtung 26,5 t wiegt.

Die der Stundenleistung entsprechende Zugkraft beträgt am Haken 4500 kg, die Dauerzugkraft 3500 kg. Anfahrversuche bei stehender Lokomotive ergaben eine höchste Anfahrzugkraft am Haken von 16 500 kg.

Die Lokomotive hat Personenzüge bis 430 t, sowie Güterzüge von fast 1000 t, letztere mit 55 km in der Stunde, anstandslos befördert.