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28. Transformatoren und Motoren.

1. Die Frage, ob Transformatoren mit Luft- oder Ölkühlung für den Vollbahnbetrieb wirtschaftlicher sind, kann nur auf Grund langjähriger Betriebserfahrungen, die bisher noch nicht vorliegen, entschieden werden. Die von deutschen Firmen gebauten Lokomotiven sind durchweg mit ölgekühlten Transformatoren ausgerüstet, während die Maschinenfabrik Oerlikon bei den von ihr erbauten großen Lötschbergbahn-Lokomotiven auch mit Luftkühlung der Transformatoren gute Erfahrungen gemacht hat.

Es ist zuzugeben, daß der Ölkessel und die Ölfüllung das Gewicht der Lokomotive erhöht und dadurch ihren Wirkungsgrad herabsetzt. Auf der anderen Seite beansprucht aber auch die unbedingt erforderliche künstliche Kühlung der Trockentransformatoren durch Preßluft eine bestimmte Leistung, durch welche ebenfalls der Gesamtwirkungsgrad der Lokomotive herabgesetzt wird. Allerdings sind die in beiden Fällen aufzuwendenden Leistungen verhältnismäßig klein, so daß sie nicht allein für die Wahl der einen oder der anderen Bauart maßgebend sein können. Dagegen spricht für die Verwendung des Öltransformators unbedingt die Tatsache, daß dieser größere Überlastungen eher verträgt als der luftgekühlte Transformator. Der Grund hierfür hegt in der bedeutenden Wärmeaufnahmefähigkeit des Öls.

Die Ableitung der in den Transformatorwicklungen erzeugten Wärme erfolgt aber um so schneller, je tiefer die Öltemperatur selbst ist. Das Öl muß demnach die aufgenommene Wärme schnell abgeben können, was dadurch erreicht wird, daß der Ölkessel Kühlrippen erhält. In einigen Fällen ist auch eine künstliche Ölumlaufkühlung in der Weise durchgeführt worden, daß das warme Öl durch eine Flügelpumpe aus dem Transformatorkessel abgesaugt, durch außerhalb der Lokomotive verlaufende Rohrleitungen gepreßt und dann in abgekühltem Zustande dem Ölkessel wieder zugeführt wird.

Die Niederspannungswicklung des Transformators besitzt Anzapfungen, um dem Motor durch Vermittlung geeigneter Schalter verschiedene Betriebsspannungen zuführen zu können.

Auch der für die Heizung, Beleuchtung, Steuerung und für den Betrieb des Luftverdichters erforderliche Strom wird zumeist dem Haupttransformator entnommen, und zwar entweder durch Anzapfungen der Niederspannungsspule oder aus einer besonderen zweiten Niederspannungsspule. —

Besonderer Wert bei der Anordnung der Wicklungen ist auf deren Sicherung gegen mechanische Beanspruchungen durch die bei Überlastungen auftretenden großen Kräfte elektrodynamischen Ursprungs zu legen; sie müssen durch besondere Versteifungen in ihrer Lage unverrückbar fest gehalten werden. Fig. 179 stellt einen Öltransformator der Siemens-Schuckertwerke dar.

2. Über die Anordnung der Motorwicklungen ist bereits im I. Kapitel ausführlich gesprochen worden.

Über den mechanischen Aufbau des Motors ist folgendes zu bemerken. Zunächst ist einer vorzüglichen Luftführung durch die Anordnung möglichst zahlreicher Luftkanäle Rechnung zu tragen. Die Luft muß die Möglichkeit haben, zu allen Teilen der Ständer- und Läuferwicklung zu gelangen. Dabei wird der Läufer zweckmäßig mit besonderen Lüftungsflügeln ausgerüstet, welche die Luft in der Richtung der Achse durch den Motor treiben. Grundsätzlich ist dabei die Luft so zu führen, daß sie an der dem Kollektor abgewandten Motorseite eintritt und am Kollektor austritt, so daß die vom Luftstrom mitgerissenen Kohleteilchen der Bürsten nicht in das Innere des Motors gelangen können.

Den scharfen Anforderungen entsprechend, die an den Bahnmotor gestellt werden, muß er eine besonders hohe Widerstandsfähigkeit und Festigkeit sowohl in mechanischer wie auch in elektrischer Hinsicht besitzen. Besonders wichtig ist diese Forderung für alle Lokomotiven, die nur mit einem Motor, also ohne Antriebsreserve, ausgerüstet sind. Diese Festigkeit kann aus Gründen der Gewichtsersparnis nur durch hochwertige Baustoffe (z. B. Stahlguß für das Gestell des Ständers) erreicht werden.

Daneben ist zu fordern, daß der Motor in allen seinen Teilen leicht zugänglich ist, um etwa nötig werdende Ausbesserungen schnell bewirken zu können.

Die Technik ist heutzutage im Bau von Motoren für die im Vollbahnbetrieb in Betracht kommenden Spannungen so weit fortgeschritten, daß Betriebsstörungen durch Beschädigungen der elektrischen Teile des Motors, wie die Erfahrung auch lehrt, so gut wie ausgeschlossen erscheinen. Der Motor besitzt außerdem nur wenige, dem Verschleiß ausgesetzte Teile durch deren Abnutzung Betriebsstörungen zu erwarten sind, nämlich Bürsten, Kollektor und die Lager.

Was nun zunächst den Kollektor anbelangt, so zeigt die Erfahrung (Fußnote 1), daß dieser erst nach durchschnittlich 30 000 km Fahrt einer Nacharbeitung bedarf. Dieses sehr günstige Ergebnis wird dadurch erreicht, daß man dem Läufer geringes Spiel — etwa 2 bis 2,5 mm nach jeder Seite — gibt, wodurch eine auf die ganze Kollektorbreite gleichmäßig verteilte Abnutzung durch die schleifenden Bürsten erzielt wird.

Um ferner die Abnutzung der Bürsten beobachten zu können, sind die Bürstenhalter an einem drehbaren Ring befestigt, durch welchen auch die unten hegenden Bürsten nach oben gebracht werden können.

Es sei hier bemerkt, daß nach den bisherigen Beobachtungen (Fußnote 2) der Bürstenverschleiß im Mittel etwa 0,5 für ein Lokomotivkilometer beträgt; teilweise sind indessen bedeutend geringere Werte festgestellt worden, die bis 0,1 herabgingen. —

Von größtem Einfluß auf die Betriebssicherheit der Lokomotive ist die Lagerung des Motors.

Bei dem geringen Spielraum zwischen Läufer und Ständer ist darauf Rücksicht zu nehmen, daß der Ständer dem Verschleiß der Lager entsprechend zentriert werden kann; man erreicht dies dadurch, daß man zwischen den Füßen und Auflagern des Ständers Keile und Druckschrauben anordnet.

Gegen das Heißlaufen der Lager kann man sich durch Schmelzsicherungen schützen, welche im ungeschmolzenen Zustand eine Lärmvorrichtung sperren.

Damit ferner die Lagerschalen leicht erneuert werden können, wird der Ständer zweiteilig ausgeführt, so daß dessen obere Hälfte abgehoben werden kann. Der freiliegende Anker kann dann aus den Lagerschalen gehoben werden. Wenn der Motor durch eine Triebstange auf eine Blindwelle arbeitet, muß darauf geachtet werden, daß die Motorwelle und Blindwelle genau parallel liegen. Das läßt sich zweckmäßig dadurch erreichen, daß beide Wellen in einem kräftigen, starren Stahlgußformstück gelagert werden, das mit dem Lokomotivrahmen starr verbunden wird. Läufer und Ständer sind demnach unabhängig voneinander gelagert.

Die Ansicht eines nach diesen Grundsätzen aufgebauten Bahnmotors der Siemens-Schuckertwerke von 1700 PS Stundenleistung bei 400 minütlichen Umdrehungen zeigt Fig. 180. Man erkennt die oben beschriebene Lagerung der Motorwelle, ferner den Bürstenring. Außerdem ist auf dem Ständer ein Umschalter angebracht, der zur Umkehr der Fahrtrichtung dient.

Fig. 181 zeigt einen 250 PS-Motor der Maschinenfabrik Oerlikon in Ansicht und Schnitt. Dieser Motor ist mit der Zahnradvorgelegewelle zu einem starren Ganzen vereinigt. Er besitzt im Gegensatz zu dem Motor der Siemens-Schuckertwerke ausgeprägte Pole (vgl. Abschnitt 4).

Den Ständer eines 1000 PS-Motors der gleichen Firma zeigt Fig. 214. Der dazu gehörige Läufer ist in Fig. 157 abgebildet. Der Ständer trägt verteilte Erreger- und Ausgleichswicklungen.

Der Aufbau der Repulsionsmotoren zeigt keine wesentlichen Abweichungen von der beschriebenen Motorbauart. Die Einrichtungen für die Bürstenverschiebung, wie sie beim Déri-Motor erforderlich ist, sind in Kapitel V näher beschrieben.

Zu erwähnen ist schließlich noch die von den Maffei-Schwartzkopffwerken ausgeführte Bauart eines Motors mit zwei Kollektoren und zwei Wicklungen, die über die Kollektoren in Reihe geschaltet sind. Der Vorteil dieser Anordnung, über welche in dem unten angeführten Aufsatze (Fußnote 3) nähere Angaben gemacht sind, besteht darin, daß ein derartiger Motor nur den halben Strom führt gegenüber einem Motor gleicher Leistung mit nur einem Kommutator.

Infolgedessen fallen die Schaltapparate leichter aus und die Betriebssicherheit der Schalteinrichtung gewinnt.

Die Bauart des Bahnmotors ist von großem Einfluß auf die induktiven Störungen von Schwachstromleitungen, die der Bahn entlang verlaufen. Wenn auch die Wellenzahl des Wechselstroms so niedrig gewählt wird, daß die induzierten Schwingungen unterhalb der Gehörgrenze bleiben, so treten doch unter Umständen bei laufendem Motor Oberschwingungen hoher Wellenzahl auf, welche induktiv auf die Schwachstromleitungen übertragen werden und deren Betrieb empfindlich beeinträchtigen können. Bereits im Jahre 1904 wurden seitens der Maschinenfabrik Oerlikon (Behn-Eschenburg) diese Induktionswirkungen eingehend untersucht, wobei sich die Tatsache herausstellte, daß die störenden Oberschwingungen auf Schwingungen des magnetischen Flusses, hervorgerufen durch die offenen Ankernuten, zurückzuführen sind. Die Störungen wurden sehr verringert, nachdem man die Anker mit offenen Nuten durch solche mit geschlossenen Nuten ersetzte, bei denen gleichzeitig die Nuten schräggestellt waren.

Aus den Schaulinien in Fig. 182 und 183 ist dieser Einfluß der Motorbauart auf die Entstehung von Oberschwingungen deutlich zu erkennen. Fig. 182 zeigt die Strom- und Spannungswellen nach oszillographischen Aufnahmen bei Verwendung eines Motors mit offenen Nuten, Fig. 183 die entsprechenden Wellen bei Verwendung eines Läufers mit geschlossenen schräggestellten Nuten.

Ein weiteres Mittel zur Verkleinerung dieser Oberschwingungen besteht darin, daß man statt der ausgeprägten Pole verteilte Polwicklungen verwendet.

Nach diesen Grundsätzen sind sämtliche neueren Bahnmotoren gebaut.

Fußnoten
1) E. T. Z. 1913, S. 373.
2) Z. V. d. I. 1911, S. 1913 ff.
3) E. T. Z. 1913, S. 867.